„Lauwarm, geschmacklos, ungesund.“ Die Opposition fordert mehr Produktionsküchen. Behörde spricht von „Anlaufproblemen“.

Hamburg. Fünf Monate nach dem flächendeckenden Start der ganztägigen Bildung und Betreuung (GBS) an 200 Hamburger Grundschulen reißen die Beschwerden über die Qualität des Schulessens nicht ab. „Geschmacklos, ungesund, lauwarm“, heißt es vonseiten vieler Eltern, Elternvertreter und Politiker. Der Unmut ist groß. „Das Schulessen ist nicht generell schlecht. Es gibt gute Beispiele, aber die muss man mit der Lupe suchen“, sagte die schulpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, Stefanie von Berg. Eltern berichteten stattdessen darüber, dass die Gerichte „ästhetisch unter aller Kanone“ seien. „Das Essen ist welk und pappig statt frisch und knackig. Auch ist es frei von Vitaminen und Nährstoffen, es wird stundenlang in Styroporboxen warm gehalten“, kritisiert von Berg und fordert: „Hamburgs Schulkinder brauchen mittags ein gesundes und nährstoffreiches Essen.“ Nach Einschätzung der Grünen wäre dies insbesondere mit dem Ausbau von Produktionsküchen gewährleistet.

Standard für alle GBS-Standorte ist laut Schulbehörde jedoch eine Zubereitungs- also Aufwärmküche. Produktionsküchen könnten nur unter bestimmten Bedingungen gebaut werden, etwa wenn mehrere Schulen mit warmem Essen beliefert werden können, betonte Sprecher Peter Albrecht. An 53 Schulstandorten seien Produktionsküchen vorhanden, an 127 Standorten gebe es Zubereitungsküchen. An weiteren 70 Standorten sollen bis Ende des Jahres Kantinen fertiggestellt werden. „Ziel ist es, an allen Standorten, die ein Ganztagsangebot machen, eine Schulkantine zur Verfügung zu stellen“, sagte der Behördensprecher. Dafür stehen 100 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Grünen belegt, dass noch an weiteren fünf staatlichen allgemeinbildenden Schulen Produktionsküchen geplant sind: Albert-Schweitzer-Schule, Otto-Hahn-Schule, Gymnasium Marienthal im Verbund mit der Max-Schmeling-Stadtteilschule, Stadtteilschule Am See und Stadtteilschule Bergedorf.

Die Elternkammer übt Kritik am Schulessen: „Schlecht ist die Lage an den Schulen, die das Essen nur angeliefert bekommen. Geradezu katastrophal ist es dort, wo es überhaupt keine Kantinen gibt und die Schüler in den Klassenzimmern essen müssen“, sagte der Vorsitzende der Elternkammer, Gerrit Petrich, und spricht sich grundsätzlich für Produktionsküchen aus. So gehörten zu einer erholsamen Mittagspause die entsprechenden Räume und genügend Zeit, das Essen in Ruhe einnehmen zu können. Auch der Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung (LEA) kritisiert, dass das unterfinanzierte Schulessen in Hektik und Lärm eingenommen werde.

Der Plan des Schulsenators Ties Rabe (SPD), die 100 Millionen Euro ausschließlich in Aufwärmküchen zu investieren, ist nach Einschätzung der Grünen falsch und kurzsichtig. „Dafür sollten Produktionsküchen an Schulen entstehen, in denen das Essen für gleich mehrere nahe gelegene Schulen zubereitet wird. Nachmittags könnten hier Stadtteilrestaurants als Quartierstreffpunkt entstehen“, sagte Berg. Unterstützung erhalten die Grünen von der CDU: „Das Schulessen ist zu lieblos, zu fade zubereitet, zu wenig pädagogisch begleitet und wird zu hektisch eingenommen“, sagte die schulpolitische Sprecherin der Christdemokraten, Karin Prien. Das Mittagessen der Kinder sei nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch die Möglichkeit, sich auszutauschen. „Das ist derzeit nicht möglich, weil teilweise im Vier- oder Fünfschichtbetrieb gegessen wird. Wie im Hühnerstall“, kritisierte Prien.

Laut Schulbehörde gibt es „natürlich bei einem so großen Ausbauprogramm typische Anlaufprobleme, wenn zum Beispiel zunächst mit Provisorien gearbeitet werden muss, bauliche Probleme auftreten, etwas terminlich nicht rechtzeitig fertiggestellt werden kann“. Man sei aber zuversichtlich, „dass stets vernünftige Lösungen gefunden werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen“, sagte Albrecht. Und es gibt auch positive Beispiele. So berichten Schüler, dass etwa die Schulen Gymnasium Oberalster, Carl von Ossietzky Gymnasium sowie die Gesamtschule Bergstedt auf abwechslungsreiches, gesundes und gutes Essen achten. Dort stehen frische Snacks und Salate ebenso auf dem Speiseplan wie täglich warme Gerichte, Obst und Vollkornprodukte.